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In den letzten Jahren legten sie einen geradezu kometenhaften Aufstieg über den ganzen Pagan Metal-Sektor hin – was nicht verwundert, kennt man das hochkarätige Liedmaterial und die immer wieder tollen Live-Auftritte von Wolfchant. Sie hätten stilistisch genau so weitermachen können, um absolut auf Nummer Sicher zu gehen – doch die beflissenen Niederbayern entschieden sich viel lieber für die anständige Aufrechterhaltung ihrer künstlerischen Identität. Nun legen sie also ihr neues Studioalbum „Determined Damnation“ vor, welches so einige musikalische Veränderungen mit sich bringt – die der mittlerweile immens beliebten Bajuwarenrotte allerdings nicht zum stilistischen Nachteil gereichen.
Positiv fällt mir vorab gleich mal das für seine Belange diesmal recht ungewöhnliche Frontcover-Artwork des wohlbekannten belgischen Pinselgurus Kris Verwimp auf – meisterlich gemalt und von der Aufteilung her ausgewogen in Szene gesetzt, passt es wahrlich perfekt zum aktuellen Albumtitel: Ausgehungerte, dürre, bucklige, vollschmutzige und vermickerte arme Gestalten, total verelendet, wie Hunde aus-, vor- und letztlich durchs Leben an sich geführt an den goldenen Fäden des nicht mehr ganz so lebendigen „Herrn“ hoch im Himmel, welcher ein reliquienartiges Goldkruzifix als sinnbildliches Marionettenkreuz für seine Zwecke nutzt. In ein gar prächtig aufgemachtes Kirchenprunkgebäude werden diese armen Seelen auf dem Bild von einem feisten priesterlichen Würdenträger befohlen, welcher hier selbst nicht mehr ganz so taufrisch anmutet. Insgesamt also ein Gemälde mit stark symbolträchtiger Aussage: Todbringende rücksichtlose Dekadenz, immense unstillbare Machtgier und gigantisch angehäufter Reichtum auf der einen Seite, soziale Unterdrückung, geistige Niederhaltung, seelische Knebelung auf der anderen.
Um solcherlei unendlich traurige weltweite psychische Knechtschaft sowie die damit verbundenen erbärmlichen Auswirkungen auf all die einst sämtlich so naturverbundenen Völker dieser Erde wenigstens für ein Weilchen vergessen zu können, dafür sorgt das beflissene niederbayrische Wolfskommando hier zum Glück mit Schmackes. Wolfchant waren sowieso seit jeher überaus tapfere Durchbeißer, die nicht lockerlassen, wenn es darum geht, am Gesamtziel orientierte Eigenständigkeit mit künstlerischer Klasse ins ureigene Kombinat zu bringen. Alleine für eine solche opulent majestätische Introduktion, wie sie Wolfchant in Form von „Determination Begins“ hierfür aus ihrem reichhaltigen kreativen Füllhorn zauberten, würde so manche schöpferisch minder bemittelte Nachwuchscombo aus den Reihen der mannigfaltigen Konkurrenz doch wohl glatt alles Hab und Gut geben. Ein feuchter Traum für jeden leidenschaftlichen Epiker unter euch, dieses einminütige geile Stück, sage ich!
Der nachfolgende belebend stürmisch tosende Knüller, der wollüstig rasante Opener „World In Ice”, kann dann stellvertretend für diese ganze neue Studioplatte an sich aufgeführt beziehungsweise erfahren werden: Das mitreißend frenetische Edelstahllied zeigt den aktuell so abartig spielfreudigen Heidenhaufen aus dem Herzen des Bayrischen Waldes in absoluter rhythmischer Höchstform: Besonders Teufels-Drummer Norgahd weiß mich hierin mit ergötzlich pfeilschnellen Spitzentakten von wahrlich immenser Professionalität vollauf zu begeistern. Was für eine Steigerung! Fest steht: Wer hierbei still stehen, sitzen oder gar liegen bleibt, der muss bereits den Exitus durchlaufen haben. Speed is all you need – denke ich mir und grinse erbaut. Doch auch die bestechend clever exerzierte Melodieführung sowie die deutlich merklich bis ins allerletzte kompositorische Winkelchen durchdachte Strukturierung des Werkes sind von hoher Homogenität.
Dass die deutsche Metal-Ikone Uwe Lulis, bekannt von Rebellion und Grave Digger, dem Album im Black Solaris Studio als souveräner Produzent einen superben Gesamtsound auf den Leib schneiderte, erweist sich als absoluter Glücksgriff für die Wolfchant-Jungs. Der erfahrene Mann fungierte auf der brandneuen Wolfsscheibe auch als Gastmusikant! Die nachfolgende grimmige Teutonenhymne „Until The End“ zeigt dann erstmal das „neue“ Wolfsgesicht des beständigen Waldquintetts – eher schleppend instrumentiert und hauptsächlich dem klassisch zeitlosen Heavy Metal an sich ergeben huldigend, beinhaltet diese alles andere als überraschungsarme Nummer auch vorzüglich inszenierte Einzel- und Dualgesangslinien – ebenfalls klassisch metallisch arrangiert. Sowie triumphale Chorgesänge in auffallend bodenständiger Manier, welche verdammt varianten- und auch herzreich vorgetragen werden – sehr gut dabei, dass sich Kehlenmeister Michael Seifert von Rebellion als Gastsänger einbrachte. Dass allerdings in „Until The End“, knapp vor bei der Zweiminutengrenze eine Art synthetischer „Dancefloor-Rhythmus“ in den Song eingebaut wurde, wie man ihn als Metaller leider aus modernen Tanztempeln schaudernd kennt, enttäuscht mich. Von unselig moderner Klanglichkeit und hier total deplatziert, diese gesampelten Plastiktakte aus dem Studiorechner.
Ja, und so geht es auf „Determined Damnation“ Schlag auf Schlag weiter, immer schnurstracks in Richtung größtmögliche Individualität. So oder so, Wolfchant brauchen im Jahr 2009 keine allzu großen Extreme mehr, um ihrer edlen musikalischen Vision entsprechend gerecht zu werden. Insgesamt befinden sich auf der regulären Jewelcase-Version zwölf Lieder, die Digipak-Edition bietet zusätzlich zwei Bonustracks, „Devour“ und „Warcry“. Letzterer wurde extra neu aufgenommen und sollte gut informierten Wolfchant-Fans vom 2004er Frühwerk „The Herjan Trilogy“ in der Urform bereits bestens bekannt sein.
Dem reinen Heidenmetallmetier entsagt das ambitionierte Quintett samt neuem Tieftoner Bahznar aktuell ganz bewusst, denn viele der neuen Kompositionen erklingen diesmal mit vollsatten Thrash Metal-Rhythmisierungen, allerlei erwähnten teutonisch-schwermetallischen Traditionalismen und auch sonst hat sich so Einiges in der Kunst der Kerle um Sänger Lokhi getan. Letzterer modifizierte seine einst so mordsgiftigen Vokalausbrüche nun in Richtung besserer Verständlichkeit, ein verdammt dicker Pluspunkt, wie ich finde! Insgesamt sind die neuen Nummern auf „Determined Damnation“ so facetten-, ebenen- und variantenreich wie noch nie zuvor in der unverdorbenen Historie der so wohltuend unbeirrbaren Erfolgsband aus der grünen Lunge Bayerns geworden.